Ha Giang

Von Hanoi aus fahren Pepe und ich mit dem Bus nach Ha Giang. Einer der vielen Busse Vietnams, die Touristen und Einheimische von A nach B bringen und sich alle im großen und ganzen ziemlich ähneln. Er besteht aus zwei oder drei Reihen mit übereinander liegenden Schlafkabinen, alle inklusive Stromanschluss, Decke, Kopfkissen und Vorhang und wenn man nicht unglücklicherweise ein Mittelbett zugeteilt bekommt kann man sich auch durch ein großes Fenster an der Landschaft begnügen. Die 6 Stunden lange Fahrt über lieg ich also im Bett und schaue zu wie die vorbeifliegende Landschaft, von Flüssen durchzogen, immer bergiger und immer schöner wird. Je weiter wir uns von der Stadt raus bewegen umso mehr Menschen winken mir von außen mit strahlenden Gesichtern zu. Mit jedem Kilometer den wir hinter uns legen wird meine Vorfreude auf den Norden Vietnams größer und größer.

Endlich angekommen werden wir vom Busfahrer bei unserer Unterkunft rausgelassen. Noch am Bus werden wir von einer Mitarbeiterin des Hostels begrüßt und auf das Zimmer geführt, welches bei meinen derzeitigen Erfahrungen, der größte “dormroom” ist, den ich je gesehen habe. Im quadratischen Zimmer stehen gegenüberliegend an jeder Seite mindesten 10 Stockbetten. Schlafunterkünfte also für 40 Personen. Schnell stellen wir jedoch fest, dass wir, zusammen mit einem dritten, alleine dort sind. Das wird sich am kommenden Abend noch ändern. Wir sind die ersten aus unserer Gruppe, die an diesem Abend dort ankommen.

10 Minuten nach unserer Ankunft bemerke ich das ich typischerweise bereits mein Handy verlegt habe. Nach kurzer Suche also, offne ich meinen Laptop und schaue nach dem Standort meines Handys. Dieses bewegt sich immer weiter von unserem Standort weg und scheint nicht aufzuhalten zu sein. Ich muss es also im Bus vergessen haben. Typisch. Gottseidank sind die Besitzer des Hostels so freundlich mich zum Busbahnhof zu bringen, an welchem der Bus eine Nacht bleibt. Und ja Mama, ich weiß dass ich immer sehr viel Glück mit meinen Handys habe, welche sich immer wieder auf irgendeine Weise finden lassen. So also auch dieses mal.

Ob das immer so bleiben wird? Davon erzähle ich euch ein anderes mal etwas mehr.

Das Pärchen fährt also mit mir zum Busbahnhof. Ich unterhalte mich mit ihnen im Auto. Auf jeden Fall versuche ich es so gut wie es geht, denn selbst der Google Übersetzer scheint mit Vietnamesisch so seine Schwierigkeiten zu haben. Nachdem ich dann mein Handy wiederhabe, nehmen wir einen kleinen Umweg damit sie mir die Stadt zeigen können. Geld für ihren Aufwand anzunehmen. Das kommt überhaupt nicht in Frage. Erleichtert komme ich also wieder zurück ins Hostel. Ich bedanke mich herzlich bei den Besitzern, die wieder weiterfahren und entdecke, nach betreten des Grundstücks, einen vollbesetzten und gedeckten Tisch. Ich setze mich also neben Pepe, stelle mich allen vor und fange hungrig an zu essen.

Wir sind eine Gruppe aus 13 Leuten.

Bestehend aus vier Franzosen, einem Englisches Pärchen (Kate und Michael), zwei Russen, einer aus der Türkei, David aus Österreich einem Mädchen aus Italien und natürlich Pepe und mir.

In den nächsten Tagen werde ich mit dieser Gruppe meine Zeit verbringen. Wir fahren zusammen mit den Motorrädern durch Ha Giang und die Umgebung. 4 Tage lang werden wir die atemberaubende Landschaft genießen, lernen die traditionelle Küche kennen und beobachten ein durch den Feldanbau geprägtes, einfaches Leben.

Alternativtext für Screenreader
Aus Hanf wird hier Leinen hergestellt, das mit Henna verziert wird.
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Begleitet werden wir durch 13 Einheimische Männer. Unsere Fahrer oder sogenannten “Easy Rider”, die uns herumfahren und begleiten, kennen die Strecke, die Kultur, fahren sicher und sprechen mehr weniger als mehr Englisch.

Außerdem geben sie gute Gesellschaft, sie sind gut drauf, witzig, hilfsbereit und werden bereits nach wenigen Stunden zu guten Freunden.

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Am ersten Tag also fahren wir von unserem Hostel los in die Berge hinein. Den ersten Stop machen wir bereits nach 20 min an einem kleines Café am Rande einer Klippe. Unter uns ein grüner Fluss, der sich mit solch einer Ruhe durch die Berge schlängelt, dass sich diese irgendwie auf mich selber überträgt. Das besondere an der Berglandschaft und somit auch an dem Tal durch welches sich der Fluss zieht ist, dass alles grün bewachsen ist. Jeder Hügel, jedes Tal und egal wohin man blickt. Alles ist grün. Kaum gibt es felsige Stellen an denen die Bäume und Sträucher nicht genug halt hätten um zu wachsen. Nach ein paar weiteren Stops kommen wir nachmittags an unserer ersten Unterkunft an. Zusammen mit einer weiteren, etwas größeren Gruppe, essen wir zu Abend, trinken “happy water”,spalten uns dann aber relativ schnell von der anderen Gruppe ab und gehen zusammen mit unseren Guides in eine Karaoke Bar gegenüber unseres Hostels. Die weiteren Tage verlaufen ähnlich. Wir wachen morgens auf, frühstücken zusammen, besteigen die Motorräder und fahren durch die Berge von Stop zu Stop. Auf dem Weg machen wir immer wieder Halt an Aussichtspunkten, Monumenten, Flüssen oder Höhlen. Abend essen wir zusammen, singen Karaoke oder sitzen einfach nur in einer Bar und quatschen.

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Vor allem mit dem Englischen Pärchen verstehen Pepe und ich uns gut. So gut, dass mich Kate bereits am ersten Abend, halb zum Spaß, halb mit vollem Ernst, zum Patenonkel ihres zukünftigen Kindes erklärt. Da ich selber offiziell ja weder Patenonkel oder Patentante habe werde ich zwei Abende später von beiden im Waschbecken einer Bartoilette getauft, und Kate zu meiner Patentante erklärt. Diese beiden Ereignisse verdeutlichen das harmonische Verhältnis zwischen uns vieren und zeigen wie schnell man auf Reisen Freundschaften schließen kann und wie einfach es eigentlich ist enge Verbindungen mit Menschen einzugehen, die man gerade erst seit ein paar Tagen kennt.

Zusammenfassend haben wir alle also eine schöne Zeit, die sich nach 4 langen Tagen auch wieder dem Ende neigt. Den letzten Nachmittag verbringen wir im selben Hostel an dem wir auch gestartet sind. Wir verabschieden uns von unseren Easy ridern und einer nach dem anderen verlässt unter Umarmungen den Tisch um zu seinem zugewiesenem bus zu gehen. Auch Pepes und mein Bus kommt nach einer Weile und mit unseren Augen gesättigt und unseren Herzen voll verlassen wir Ha Giang.

Doch das nächste Abenteuer erwartet uns und wir steigen in einen Bus, der uns zurück nach Hanoi bringt.

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Um mich zu verbessern: Die schöne Zeit geht nie wirklich “zu Ende”. Das was sich ändert sind die Umstände unter denen man diese Zeit genießt. In Ha Giang war es die Landschaft, es waren die vielen tollen Menschen die wir kennen lernen durften, der Austausch zwischen Kulturen und ein Einblick auf ein einfaches, ruhiges Leben. Ein Leben entfernt von toxischen sozialen Normen, entfernt von Erwartungen anderer. Ein Leben in welchem die Perspektivlosigkeit zu einer Perspektive wird.

Ein Leben von dem ich hin und wieder, unrealistisch, zu träumen vermag.

In Mai Chao hatte ich eine schöne Zeit unter anderen Umständen. Dort waren es meine alten Freunde. Es war das Gefühl das man hat, wenn man realisiert, dass manche Personen, egal wie viel Kontakt man pflegt oder wie oft man sich trifft, immer einen Platz in meinem Herzen behalten werden, auch wenn man sich zu teils auseinanderlebt. Es war das gemeinsame Lachen, das rumalbern und ja, teils auch der Exzess.

In Koh Rong war es die Zeit mit Edwina, die mir dieses Gefühl gab. Es waren unsere gemeinsamen Abende am Strand. Unsere gemeinsamen Tage und Nächte aber auch das Empfinden, dass wir uns immer näher kommen und uns in jeder Minute die wir zusammen verbringen ein Stück besser kennenlernen und verstehen.

Doch es gibt natürlich auch diese Umstände, die fast immer da sind oder immer da sein könnten. Umstände, die unabhängig von anderen Personen, mir ein Lächeln ins Gesicht zaubern können. Umstände, die unmöglich alle aufzählbar sind und vielleicht auch Umstände von denen ich gar nicht alle aufzählen könnte. Es sind Momente in denen ich die kleinen Freuden des Lebens genieße. Momente in denen ich für einen klitzekleinen Moment alles vergesse und im Augenblick lebe. Das Gefühl der Sonne im Gesicht, ein tiefer Atemzug guter Luft, Das Gefühl von salziger Haut nachdem man aus dem Wasser kommt und sich am Strand an der Sonne getrocknet hat. Das Gefühl die Luft anzuhalten und einfach abzutauchen. Gute Düfte, das Geräusch von lachenden Menschen, vom ewigen Kommen und Gehen der Wellen aber auch von einer Ruhe, die ich ab und an brauche. Das Gefühl, das ich morgen das machen kann was ich will und nichts wirklich muss.

Gefühle die mir immer wieder bewusst machen, warum ich eigentlich hier bin. Nicht nur hier in Asien sondern hier auf der Welt.

Ich bin hier um zu Leben.

Ich vermisse euch, fühlt euch gedrückt.

Viele Küsse,
Jannis

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